Gefragte Straßenportraits meine 7 Tipps.

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Jeder Straßenfotograf sollte es zumindest mal versucht haben. Das gefragte Straßenportrait zwingt uns aus unserer Komfortzone herauszukommen und kostet oft auch einiges an Überwindung. Beim Überschreiten dieser selbstgesteckten Grenzen lernt man aber auch etwas über sich, es hilft Vorurteile abzubauen und es stärkt auch die eigene Persönlichkeit.


#01 Bist du bereit?

Es bringt nichts, wenn du an diesem Tag nicht den Kopf frei hast. Du musst positiv auf andere Menschen zugehen können. Wenn du Fremde Menschen Portraitieren möchtest, solltest du eine offene, freundliche und gelassene Gemütsverfassung haben, und auch mit einem Nein ohne Probleme umgehen können. Frage dich vorher selbst, ob du an diesem Tag dazu in der Lage bist. Falls nicht, fotografiere andere Dinge, um nicht frustriert zu sein. Nimm dir genug Zeit. Am besten ist es, wenn du den Rest des Tages nichts weiter vorhast. Die nächsten Stunden sollte es für dich nur um die Fotografie gehen. Ich schalte mein Handy in den Flugmodus, um nicht abgelenkt zu werden. Bist du noch am Anfang und noch schüchtern? Dann setz dir ein Paar Ziele. Versuche möglichst viele Personen anzusprechen, bleib aber realistisch.

SonyA9 35F1.4GMaster F1.4 1/3200 sec


#02 Überprüfe deine Kameraeinstellungen, BEVOR du das Haus verlässt

Du hast alles eingepackt, was du für den Foto Walk brauchst? Dann stelle schonmal die Kamera so ein, dass du bereits auf dem Weg zum Auto /Bahn das erste Bild machen könntest. Man weiß ja nie was passiert.

Früher hatte ich immer wieder den Tieraugen-Af vom letzten Shooting vergessen umzuschalten, und das oft erst zu spät bemerkt. Ich hatte diesen Pubkt immer wieder unterschätzt.

Bei den meisten modernen Kameras kann man bestimmte Einstellungen aufs Einstellrad legen. Ich habe 3 verschiedene Street-Modi eingespeichert: Portrait mit mittlerer Verschlusszeit, offener Blende und Augen-Af Erkennung auf dem gesamten Bild, Candid Street mit kurzer Verschlusszeit und geschlossenerer Blende und auf dem 3. Speicher Langzeitbelichtung für Mitzieher.

SonyRX1rII F2.8 1/1000sec


#03 Nimm deine Umgebung gezielt war

Scheint die Sonne und du bist an einer Stelle unterwegs, wo es Spiegelungen von Fenstern oder Glasfassaden gibt, halte gezielt Ausschau nach Lichtspots. Bewege dich etwas abseits von Touristenpfaden und schau dir besonders auch enge Gassen, und stellen mit interessanter Architektur an. Sieh auf den Boden und beobachte, wie der Schatten verläuft. Stell dir vor, wo die Person stehen müsste, um sie vom Lichtkegel perfekt auszuleuchten. Achte dabei darauf das der Hintergrund möglichst dunkel ist, um eine bessere Freistellung der Person zu erreichen.

An Bahnhöfen findet man viele interessante Personen, die man ansprechen kann. Achte aber darauf, wann der nächste Zug kommt. Ist die Zeit bis zur Ankunft zu knapp wirst du eher ein Nein bekommen, als bei einer Person die gelangweilt am Bahnsteig wartet, bei dem der nächste Zug erst in 30 Minuten eintrifft.


#04 Hast du eine interessante Person entdeckt, überlege wie du sie in die Umgebung einbettest, bevor du sie ansprichst.

Da du beim vorherigen Punkt schon die richtige Stelle gefunden hast, an der du das Foto machen möchtest, überlege nun nur noch wie du die Person positionierst. Egal ob Seiten, Streiflicht oder Gegenlicht. Eher Ganzkörper oder Kopfportrait? Baust du die Umgebung stärker mit ein? Ein Portrait, sehr nah an einer großen Fensterscheibe, für eine tolle Spiegelung zum Beispiel.

Du solltest das fertige Bild auf jeden Fall schon vorher im Kopf haben. Das wird dir beim nächsten Punkt die Kommunikation enorm erleichtern und dafür sorgen das du schneller zum Ergebnis kommst. Du willst die Menschen ja nicht zu lange aufhalten.

Sony A9 I 50mmF1.8 I F1.8 I 1/6400


#05 Das schwierigste: Das Ansprechen

Der wohl schwierigste Punkt ist zugleich der einfachste. Klingt komisch, aber wenn du das öfter gemacht hast, wirst du merken: es ist nur in deinem Kopf. Denn was soll schon passieren. Im schlimmsten Fall bekommst du ein Nein. Und das passiert mir bei einem von 10x Fragen…. maximal. Irgendwann bekommt man einfach ein Gefühl dafür ob jemand bereit dazu ist fotografiert zu werden.

Für den Anfang: Überschütte die Person, die du fotografieren möchtest mit Komplimenten, aber übertreib´s nicht. Ein schöner Hut, tolles Kleid, interessantes Tattoo oder einfach nur eine tolle Ausstrahlung. Sag einfach ehrlich was dich getriggert hat. Versuch dich auf dein Gegenüber einzustellen, und sage, was du machst. Für den Anfang hilft ein: ich mache eine Fotografie-Workshop und ich muss Fremde Menschen ansprechen. Am besten ist es aber wenn du ehrlich bist, dann bist auch du am authentischsten. Wenn du selbst unsicher bist, merkt das dein gegenüber, und die Wahrscheinlichkeit eines “NEIN” steigt. Am wichtigsten ist aber: EINFACH MACHEN!

Sony A9 I 50mmF1.8 I F1.8 I 1/250


#06 Anweisungen kurz und präzise

Stell die Person an die Stelle die du dir erarbeitet hast, und mach mehrere Bilder. Ich sage meist, das die Person nicht lächeln soll, sondern sich einen Blickpunkt am Horizont suchen soll. Dann die Augen in die Kamera, und ich bekommt den leeren Blick durch die Kamera hindurch, den ich so mag. Versucht verschiedene perspektiven und Formate. Oft mache ich Bilder im Hochformat leicht von unten Fotografiert. Dadurch wirken die Menschen erhabener. Gerade am Anfang solltest du ruhig viele Bilder machen.

Sony A9 I 50mmF1.8 I F1.8 I 1/640


#07 Zeige die Bilder, bedanke dich und gib deine Visitenkarte weiter

Ich vergesse es häufig selber. Aber es schadet nicht 1-2 Bilder zu zeigen, das schafft vertrauen.

Bist du fertig, dann gib deine Visitenkarte weiter, damit sie dich die Person anschreiben kann und du die Bilder schicken kannst. In der Regel melden sich jedoch nur maximal 30-40% der Personen bei dir.

Verabschiede dich vernünftig und bedanke dich nochmal. Zeige deine Wertschätzung das sich die Person die Zeit genommen hat.


#Podcastfolgen zum Thema (Spotify)

Hier gehts um das strukturierte und bewusste Vorgehen beim Fotografieren, oder besser davor. Eine der besten Podcast-Sendungen zum Thema Fotografie!

ARPID- die Phasen vor dem Klick

Eine sehr interessante Folge, in der es um den Schweizer Fotografen Michael Bär geht Er hat ein sehr ambitioniertes Fotoprojekt zum Thema gefragte Portraits in New York umgesetzt.

Auch StreetPortraits haben ihre Berechtigung (mit Michael Bär)